Der Berliner Pianist Hawo Bleich ist regelmäßig als Begleiter am Piano gefragt, daneben spielt er in Bands und im Studio, betätigt sich als Arrangeur. Im tastenwelt-Interview erzählt er unter anderem, wie songdienliches Begleiten beim Liedermacher Klaus Hoffmann aussieht.

In Kürze sind Sie wieder einmal mit Klaus Hoffmann auf Tour – Gesang, Gitarre, Klavier. Was reizt Sie an dieser Konstellation?

Hawo Bleich
Hawo Bleich: „Es braucht diese Fähigkeit, gut zuhören zu können, um gut zu begleiten“ (Foto: David Beecroft)

Man ist ein bißchen freier, als wenn man mit der ganzen Band spielt. Klaus kann eine Menge Sachen machen, bei denen man ihm quasi blind folgen kann. Wir sind ja schon sehr lange zusammen und kennen uns sehr gut.

Man darf im Umkehrschluss aber nicht sagen, die anderen Stimmen bzw. Instrumente in den Arrangements seien verzichtbar?

Nein, es geht um eine andere Interpretation. Wir sind einfach beweglicher: Klaus kann Lieder an­halten oder unterbrechen, er kann dazwischen etwas erzählen, wieder ins Lied springen: Dinge, die man mit der Band so nicht machen kann.

Wie sieht hier die Klavierbegleitung aus?

Ich spiele frei und auch jedes Mal ein bisschen anders. Wir haben zwar eine bestimmte Festlegung, aber die Töne sind jedes Mal unterschiedlich. Ich gehe dann auf die Stimmung der jeweiligen Lieder ein. Bestimmte Teile, vor allem die Dramaturgie eines Songs, sind natürlich festgelegt, aber es sind auch viele Stellen dabei, die man anders begleiten kann. Das betrifft vor allem die ruhigeren, getragenen Titel. Hier ist einfach mehr Platz. Nehmen wir z.B. den Song „Als wenn es gar nichts wär“: Ich spiele diesen Song in jedem Konzert unterschiedlich. Ist die Stimmung, ist das Publikum anders, spielt man auch anders. Ich komme ja vom Jazz her, kann also improvisieren. Das ist eigentlich der Hauptpunkt.

Kann man das lernen oder hat man es im Blut?

Man kann das Handwerk dafür lernen. Aber ich glaube, dass man es auch im Blut haben und beim Begleiten unheimlich gut zuhören können muss. Im Grunde muss man drüber stehen - über dem, was man spielt – wie im Jazz auch. Dann kann man auf den Menschen, den man begleitet, einfacher eingehen. Und es hat auch etwas mit dem Publikum zu tun. Klaus Hoffmann ist ja ein toller Schauspieler und ein Mensch, der die Leute packt. Da bin ich dann dahinter und kann ihn unterstützen.

Ist es dabei wichtig, dass man den Menschen kennt, den man begleitet?

Das ist schon von Vorteil, obwohl ich auch sehr oft Leute begleite, die ich noch nie vorher begleitet habe. Hier braucht es diese gewisse Fähig­keit, gut zuhören zu können, um gut zu begleiten. Man muss sich auf den Menschen konzentrieren, der da auf der Bühne steht. Bei Klaus Hoffmann kann ich durch die lange Erfahrung mit ihm eine Menge Sachen reinpacken und bin dann auch ein bisschen gelassener.

Sie beschreiben das songdienliche Begleiten. Wäre es auch denkbar, einen Kontrapunkt zu setzen, um der Performance eine neue Richtung zu geben?

Das gibt es. Wichtig sind hier die Abmachungen, die es bei uns gibt. So lange es dienlich für das Konzert ist, kann ich vieles machen, z.B. auch mal ganz anders spielen.

Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade mit Klaus Hoffmann im Duo unterwegs sind?

Ich habe eine ganze Reihe von verschiedenen anderen Projekten. Ich bin Begleiter von Sängern, spiele bei Auditions und habe lange am Theater gearbeitet – zuerst im Orchestergraben gespielt, später auch Produktionen geleitet und dirigiert. Außerdem habe ich viel im Studio gearbeitet und lange Zeit auch die Filmmusik für Lindenstraße und Praxis Bülowbogen mit dem Komponisten Jürgen Knieper eingespielt. Das war eine sehr interessante Arbeit, weil er ganz toll geschrieben hat.

Wie sah die Arbeit aus?

Wir waren da neben einer Rhythmus-Gruppe drei Keyboarder, die mit ihren Keyboards alles abgedeckt haben, was es an Orchester gibt. Einer war für die Streicher zuständig, mein Kollege und ich haben mit mehreren Tastaturen Oboe, Hörner, Harfe, Pauken, Celesta, etc. eingespielt. Es kam also auf sehr schnelle Programmierung und dynamisches Spiel an.

Sind Sie in einer musikalischen Familie aufgewachsen?

Mein Vater hat Klavier gespielt – nicht besonders gut, aber er hat unheimlich gerne dazu gesungen. Ich kann mich erinnern, dass wir als Kinder manchmal nicht schlafen konnten, weil die ganze Nacht Volkslieder gesungen wurde. Meine Eltern hörten aber auch viel Jazz und Gospel, Louis Armstrong und Mahalia Jackson. Mein Großvater war der Musiker in der Familie: ein Kaffeehaus-Pianist, der bei jeder Familienfeier die alten Operetten, Lincke und so was spielte. Höhepunkt war dann immer unsere vierhändige „Petersburger Schlittenfahrt“, wobei ich den Bass-Part übernahm. Das ging richtig gut los.

Wann begann Ihre musikalische Ausbildung?

Ich habe schon früh, mit fünf Jahren, Klavierunterricht bekommen. Ich habe aber nie daran gedacht, klassischer Pianist zu werden. Das war nicht mein Ding. Deshalb habe ich nach dem Abitur auch erst Informatik studiert. Allerdings habe ich nebenbei immer Musik gemacht. Irgendwann saß ich dann am Küchentisch und habe entschieden: Du musst Musik machen, das ist dein Leben.

Was sind ihre musikalischen Standbeine?

Klaus Hoffmann, Begleitung von Sängern, Arrangieren, Studioarbeit und Musical-Produktionen. Ich habe aber auch schon einiges geschrieben, Kindermusicals zum Beispiel, unter anderem eine Version von Dschungelbuch, die im Dezember und Januar in München am Gärtnerplatz läuft.

Spielen Sie neben Klavier noch andere Instrumente?

Ich spiele auf der Bühne manchmal Akkordeon, aber das ist nicht unbedingt mein Hauptinstrument.

Spielen Sie beidhändig Akkordeon oder nur die rechte Seite, wie viele andere Keyboarder auch?

Ertappt! Genau so mache ich das, wie die Keyboar­der. Ich hatte auch Geigenunterricht, vorwiegend wegen der Mädchen aus der Klasse, die auch Geige spielten. Gitarre habe ich mir selbst beigebracht.

Gab es in Ihrer Laufbahn bestimmte Lehrer oder Lehrerinnen, von denen Sie beeinflusst wurden?

Meine Klavierlehrerin hat mich stark beeinflusst. Sie kam aus der Klassik, war gewissermaßen ein Chopin-Freak. Von ihr habe ich viel über die Gestal­tung von Musik gelernt. Später ging ich zu Walter Norris, einem amerikanischen Jazzpianisten, der damals in der SFB-Big Band in Berlin spielte. Der hat mir zwei, drei Jahre lang Unterricht gegeben. Es ging mir darum, Improvisieren zu lernen.

Hawo Bleich
Eines der musikalischen Standbeine von Hawo Bleich (rechts) ist die Zusammenarbeit mit dem Sänger und Liedermacher Klaus Hoffmann (links). Aktuell sind die beiden im Duo auf der Tournee „Als wenn es gar nichts wär“ zu hören. (Foto: Jim Rakete)

Wie kam es zur Beschäftigung mit Jazzmusik?

Nehmen wir das Solo von Chick Corea über Spain, das hat mich total angemacht. Ich wollte das spielen können, aber auch verstehen, wie es funktioniert. Wenn man aus der Klassik kommt, gibt es da ja auch schon Übergänge: Debussy und Ravel zum Beispiel, wo es auch schon leicht ins Improvisatorische geht. Das hat mich immer sehr angesprochen. In den 80ern machte ich dann viele Club-Gigs, spielte Fusion und Soul und gründete dann mit Kollegen die Band Opus Pocus.

In welche Richtung ging die Musik?

Modern Jazz, beboppig und viel modal. Wir schrieben eigene Titel, tourten und produzierten eine CD.

Waren diese Bands schon die ersten Schritteals Profi-Musiker?

Ja, das waren die ersten Stationen. Gleichzeitig bekam ich meinen ersten Job am Theater. Das sollte mich dann ernähren. Am Theater des Westens spielte ich lange im Orchester, dort habe ich auch viele Sänger begleitet. Studioarbeit kam dazu und ich schrieb auch Arrangements (u.a. für R. Mey), Kin­der­musicals und Filmmusiken (Tatort, Fahnder etc.).

Wie sah bzw. sieht ihr Instrumentarium aus?

Früher hatte ich natürlich auch diese Türme mit einer ganzen Menge an Synthies drin. In guter Erinnerung geblieben sind mir in den Jahren z.B. Roland JX-8P oder das Roland Digitalpianomodul MKS-20. Viel benutze ich auch den Roland XV-5080. Damit kann ich bei Klaus Hoffmann schöne Atmosphären entwickeln und den Untergrund legen. Streicher sind da wunderbar zu realisieren.

Haben Sie auch noch ein paar alte Schätzchen?

Ich habe zum Beispiel noch einen Memory-Moog, sogar mit Midifizierung. Der steht jetzt aber im Schrank und wird nur manchmal rausgeholt.

Wie halten Sie es mit Software-Synthesizern?

Ich habe ein kleines Studio im Haus, da arbeite ich viel mit Logic. Hier entstehen die Arrangements für Klaus Hoffmann. Auf dem Rechner habe ich auch etliche Software, u.a. die VSL-Streicher, die LASS-Strings und natürlich das Native-Instruments-Paket.

Ist Software auch eine Lösung für die Bühne?

Es ist auf alle Fälle möglich. Ich glaube auch, dass ich bald mal wechseln werde, weil ich die Schlepperei nicht mehr mag. Bei den Konzerten mit Klaus vertraue ich momentan aber noch meinem Masterkeyboard und dem Roland-Equipment (XV-5080). Da bin ich vielleicht ein bisschen konservativ, will aber nicht sagen, dass ein Computer auf der Bühne unsicherer wäre. Es ist aber immer auch eine Frage der Sounds. Die Streicher, die ich bei Klaus einsetze, sind absolut stilbildend, und die habe ich so nicht im Rechner, deshalb vertraue ich noch auf die Hardware mit meinen Lieblings-Sounds.

Auf der aktuellen CD „Berliner Sonntag“ sind aber echte Streicher zu hören.

Echte Musiker haben wir genommen, weil ich glaube, dass es immer noch anders atmet. Die Lebendigkeit im Klang bei liegenden Tönen mit echten Musikern würde ich als dieses Atmen bezeichnen. Bei vielen Stücken bekommt man das mit Software so nicht hin. Der Unterschied zur Software wird zwar immer kleiner, wird aber immer da sein. Wir machen trotzdem auch viel mit Flächen aus dem Synthesizer. Manchmal mische ich dann auch echte Streicher oben dazu, und bei bestimmten Songs finde ich auch gut, wenn es keine echten Streicher sind.

Wie ist die Klaus-Hoffmann-Band besetzt?

Schlagzeug spielt Stephan Genze, Bass Peter Keiser und Gitarre Michael Brandt. Ich spiele Keyboards und Klavier. Dabei arbeite ich öfter so, dass ich mit der linken Hand eine Keyboard-Fläche lege und mit der rechten Hand Klavier dazu spiele.

Ist das Klavier dann ein digitales?

Nein, wir haben immer einen echten Flügel auf der Bühne stehen.

Aus optischen Gründen?

Aus optischen Gründen auch, aber auch aus akustischen. Ein echter Flügel hat eine ganz andere Dynamik, und natürlich spielt er sich auch ganz anders. Ich habe das Glück, auf unseren Touren meist sehr gute Instrumente auf der Bühne zu haben, oft große Steinways oder Bösendorfer. Es gibt aber auch Ausnahmen, da sehne ich mich nach einem vernünftigen Digitalpiano.

Wie entstehen die Songs mit Klaus Hoffmann?

Entweder er kommt mit einem fast fertigen Song, den er auf der Gitarre geschrieben hat. Oder wir arbeiten nur mit einer Zeile und bestimmten Harmoniefolgen und experimentieren, was man daraus machen kann. Öfter entwickle ich auch ein Layout, und er arbeitet dann damit.

Arbeiten Sie wirklich gemeinsam an Songs oder mit Teilen, die jeder für sich entwickelt hat?

Das ist wirklich eine gemeinsame Arbeit, bei der wir hier sitzen und immer wieder diskutieren, in welche Richtung wir gehen möchten. Klaus hat eine gute Vorstellung von dem, was er haben will, was er für den Titel braucht. Ich biete ihm dann ver­schie­dene Arrangement-Ideen an, und so ent­wickeln wir den ganzen Song. Track sieben der aktuellen CD, „Ich glaub noch daran“, ist z.B. so entstanden. Manchmal spiele ich auch einfach so am Klavier rum und Klaus sagt dann: ‚Halte das fest, nimm das mal!’ Dann versuchen wir die Idee weiter zu entwickeln.

Legen Sie beim Arrangieren schon Ton für Ton fest, was die einzelnen Musiker in der Band spielen werden?

Es gibt Leadsheets, immer eine Bassstimme, bestimmte festgelegte Linien z.B. für die Gitarre, aber auch den Schritt, wo wir in der Band etwas gemeinsam erarbeiten. Es ist aber nicht alles ausnotiert, und man kann nicht einfach vier andere Leute nehmen und sagen: Spielt das jetzt mal! Es hängt doch sehr mit den Leuten zusammen. Wir sind ja in dieser Besetzung jetzt auch schon 15 Jahre zusammen.

Wie ist es zur Zusammenarbeit gekommen?

Klaus Hoffmann hat sich gezielt seine Musiker gesucht. Wir passen total gut zusammen – auch hinter der Bühne. Michael Brandt ist damals zusammen mit mir dazugekommen, das war 1986/87. Und die anderen beiden sind Mitte der 90er Jahre dazu gestoßen. Davon, dass man sich unheimlich gut kennt, lebt natürlich auch das Zusammenspiel der Band.

Findet die „Als wenn es gar nichts wär“-Tour in einem akustischen Rahmen statt oder kommt ein komplettes PA-System zum Einsatz?

Wir haben seit vielen Jahren unseren Ton-Inge­nieur dabei, der uns kennt und uns immer einen tollen Sound baut. Also kein rein akustischer Gig.

Auch im Duo kommt der Synthesizer zum Einsatz?

Da ist immer der Synthie dabei, um ein bisschen Farbe reinzubringen. Ich habe zwar von außen schon oft Gegenwind bekommen, wir sollten das pur ohne Synthie machen, aber ich fühle mich damit wohl und Klaus will das auch haben. Als wir vor ein paar Jahren ein Jacques-Brel-Programm gemacht haben, war das eine andere Musik, die wir auch in der Band pur, ohne Synthesizer gespielt haben. Für Klaus’ Songs finde ich die Lösung jetzt ideal.

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Tags: Interview

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