Misty : Für die Ewigkeit
Das 1954 von Erroll Garner omponierte „Misty“ mit Text von Johnny Burke gehört zu den Meisterwerken der Jazzliteratur und wird vorwiegend von Pianisten vorgetragen. Die Originaleinspielung von Erroll Garner schaffte es 1954 bis auf Platz 30 der amerikanischen Charts. Das zum Vortrag gewählte Tempo ist stets im langsamsten Bereich angesiedelt, um über die Schönheit der Akkorde nicht hinwegzujagen.
Leadsheet und Akkordvorschläge
In dieser Workshop-Folge, die für alle Level geeignet ist, widmen wir uns dem Thema mit all seinen Harmonisationsoptionen. In der nächsten Folge werden wir dann das Solospiel unter die Lupe nehmen. Auf Seite 42 findet ihr das Leadsheet zu „Misty“, wie es in den meisten Songbooks vorzufinden ist. Es kann eigentlich problemfrei mit den Elementartönen (Grundton, Terz, Quinte und Septime) harmonisiert werden. Das Notenbeispiel ab Seite 43 sollten zunächst wie ein klassisches Stück vorgetragen werden. Hier gibt es einige erweiterte Akkordvorschläge. Alle Harmonisationen und Reharmonisationen basieren auf der Theorie, die bereits in den vorangegangenen Workshops vorgestellt wurde. Sollte es also Probleme bei der Analyse geben, könnt ihr diese Harmonie-Basics mit Hilfe der zurückliegenden tastenwelt-Ausgaben noch einmal auffrischen. Die Komposition weist die Form AABA auf. So können unterschiedliche Harmonievariationen verwendet werden und gefühlt jedes Mal einen „neuen“ A-Teil erklingen lassen. Auf den ersten Blick weist das Stück zwar relativ einfache Harmoniefolgen auf, doch natürlich lassen sich diese mit extravaganten Alterierungen versehen. Das kann man in den Noten ab Seite 43 gut sehen.
"Simple" Akkordfolgen
In den ersten sechs Takten des Abschnitts A1 werden die Akkorde nur mit den notwendigsten Tönen verwendet. Doch in Takt 8 weichen die Akkordfolgen vom Leadsheet ab und entwickeln ein „reharmonisiertes Eigenleben“. Das heißt konkret: Jedem Dominantseptakkord wird ein Halbton höher ein Substitut vorangestellt. Dadurch werden die eigentlich „simplen“ Akkordfolgen bereits ein wenig variiert. Im Abschnitt A2, der Wiederholung des A-Teils ab Takt 9, wird gleich im zweiten Takt, also Takt 10, die Melodie durch die gleichen harmonischen Variationen, wie eben beschrieben, aufgefrischt. Man achte übrigens auch einmal auf die besondere Harmonisierung der Melodie in Takt 16. Der B-Teil ab Takt 17 beginnt wieder sehr einfach, wird aber harmonisch mit weiteren Akkorderweiterungen versehen und dadurch wesentlich spannender. Im letzten Teil, A3 ab Takt 25, also einer weiteren Wiederholung des schon gut bekannten A-Teils, wird dann als Höhepunkt nochmal alles vorgestellt, was an Variationen in Frage kommt.
Die restlichen Noten gibt es im tastenwelt-Magazin Ausgabe 01 / 2022
Vorschläge zum Üben
Es wird empfohlen, in kleinen Einheiten zu spielen, also Loops von zwei oder vier Takten, und diese solange zu wiederholen, bis sich das Material eingeprägt hat. Auch ist die Verbindung zwischen Lesen und Spielen sehr wichtig: Man sollte den Akkord bereits hören, wenn man ihn erblickt, also sozusagen „innerlich hören“, noch bevor er gespielt wird! Auch kann man unbedingt nur empfehlen, die verschiedenen Interpretationen und Einspielungen von Erroll Garner selbst einmal anzuhören (beispielsweise auf Spotify oder Youtube) und dabei die Noten zu verfolgen. Das ist im Grunde wie das Partitur-Lesen bei klassischer Musik. Eine solche Übung ist auf jeden Fall sehr hilfreich für das Formverständnis.
Ensemble-Spiel
Die Krönung wäre das Ensemble-Spiel mit Bass und Schlagzeug, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Dies könnte man mit einer Live-Band, alternativ natürlich auch mit einem Playback, realisieren. In diesem Fall sollte man als Pianist natürlich auf die Basstöne in der linken Hand verzichten, denn die spielt dann der „echte“ Bass. Man sollte, wie eingangs schon erwähnt, für diese Nummer auch stets ein sehr langsames Tempo wählen, egal ob Piano solo oder in einer Trio-Besetzung.
Jazzpiano leicht gemacht: Dieser Workshop soll Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen ansprechen. Hier wird Material zum Erlernen sowie zum Rekapitulieren präsentiert, das sowohl in einer Bandsituation als auch in der Solodarbietung verwendet werden kann. Komponieren und Arrangieren wird dabei auch thematisiert.
Den kompletten Workshop und weitere spannende Artikel findet ihr in der aktuellen Ausgabe der tastenwelt