Workshop iPad für Musiker (6): iPad als MIDI-Synthesizer
In diesem Workshop stellen wir Ihnen einige Apps vor, die das Apple iPad in ein MIDI-Klangmodul verwandeln.

Live-Keyboarder, die mit Stagepiano oder Arranger-Keyboard unterwegs sind, müssen für Synthesizerklänge nicht in ein weiteres Tasteninstrument investieren. Die günstigere Option heißt iPad, für das inzwischen Apps entwickelt wurden, die Apples Tablet-PC in ein MIDI-Klangmodul verwandeln. Die Chance, das iPad auf einer Tournee nicht bloß zum Mailen oder Surfen, sondern auch als MIDI-Soundmodul zu verwenden, lassen sich leider noch viele Musiker entgehen. Dabei gibt es technisch nur wenige Dinge zu beachten. In dieser Folge zeigen wir Ihnen, wie einfach Sie das iPad als Synthesizer-Modul mit einem MIDI-Keyboard anspielen können. Was man allerdings wissen sollte: Im AppStore finden sich zwar klassische und auch ungewöhnliche Synthesizer bis zum Abwinken, doch nur wenige davon unterstützen eine MIDI-Kommunikation und liefern zudem eine hochwertige Audio-Qualität. Einer der ersten richtig guten Instrumente für das iPad ist der „NLogSynth Pro“ (ca. 11,99 Euro) von Rolf Wöhrmann alias Tempo Rubato. Dies ist ein virtuell-analoger Synthesizer mit vielen Presets und weit reichenden Programmiermöglichkeiten. Mehr noch: Es gibt eine größere Variante namens „NLogPoly Synth“, die als AU-Plug-in sowie als Standalone-Programm auf einem Mac-Rechner läuft. Das Gespann aus iOS- und Mac-Version ist sehr praktisch, denn so können Sie eigene Klänge bequem am großen Bildschirm erstellen und sie vom Mac zum iPad übertragen. Für knapp 20 Euro leistet der NLogPoly Synth erstaunlich viel und sollte bei Mac- und iPad-Anwendern eigentlich nicht mehr fehlen.
MIDI-Kommunikation herstellen

Natürlich wollen Sie nicht auf der winzigen Bildschirm-Tastatur des iPad herumrutschen, sondern Ihr Keyboard mit 61 oder mehr Tasten plus Spielhilfen wie Pitchbend- und Modulationsrad verwenden. Neben WiFi, in dem MIDI-Daten zwischen Rechner und iPad drahtlos übertragen werden, bieten sich für Live-Musiker mehrere Wege an: Da MIDI seit dem Betriebssystem iOS 4.2 integriert ist, können Sie über das optionale Apple Camera Connection Kit (ca. 29 Euro) nicht nur Fotos und Videos importieren, sondern ein USB-MIDI-Keyboard anschließen und Apps spielen, die das interne Core-MIDI unterstützen.
Vor Erscheinen des iOS 4.2 sorgte der Line 6 MIDI Mobilizer (ca. 66 Euro) für eine zuverlässige MIDI-Verbindung. Dieses Zubehör arbeitet jedoch nicht mit Core-MIDI von Apple, sondern hat sein eigenes Protokoll. Insofern entwickelt es sich wohl immer mehr zur Insellösung, da sich die App-Entwickler nach Core-MIDI richten, das zum Beispiel auch beim neuen MIDI-Interface i-MX1 von Yamaha zum Einsatz kommt.
Die momentan komfortabelste Lösung heißt Alesis iO Dock (Test in dieser Ausgabe). Für rund 180 Euro Straßenpreis können Sie das iPad sicher in einem stabilen Sockel parken und durch MIDI- und Audio-Anschlüsse beliebig ergänzen. Wenn Sie die Anschaffung dennoch scheuen, nehmen Sie ein MIDI-Interface wie das Yamaha i-MX1 und besorgen Sie sich einen Adapter von Stereo-Miniklinke auf zwei 6,3- mm-Klinkenstecker für den Audio-Ausgang des iPad.
Starker Synthesizer im App-Gewand

Zurück zum NLogSynth Pro: Dieses Instrument zeigt mit 192 modernen und meist sehr geschmackvollen Factory-Sounds, wie rund und vielseitig er klingt. Vier Oszillatoren mit 20 Wellenformen, Pulsbreitenmodulation, Frequenz- und Ringmodulation, zwei Filter mit jeweils sieben Typen, je vier LFOs und Hüllkurven und eine Modulationsmatrix erlauben ein ausführliches Programming.
Abgerundet wird der Sound durch Standardeffekte wie Hall, Chorus, Delay oder Distortion. Im Unisono-Mode entstehen fette Sound-Kreationen, die nochmals verdeutlichen, dass sich der NLogSynth Pro beim Live-Gig klanglich durchsetzen kann. Einen Arpeggiator gibt es auch, und neben den beiden Handrädern erlauben auch das XY-Pad und vier frei zuweisbare Drehregler wirkungsvolle Modulationen im Live-Geschehen.
Eigens kreierte Patches lassen sich über WiFi oder per eMail übertragen. Wie angedeutet, können Sie mit der Mac-Version am großen Bildschirm an ihren eigenen Sounds tüfteln und diese auf die NLog-Version für iPad übertragen. Dort stehen drei User-Bänke mit jeweils 32 Speicherplätzen bereit. Natürlich funktioniert auch der umgekehrte Weg.

Auch andere Apps können überzeugen
Der NLogSynth Pro ist gewiss nicht allein: Korg erweckt zum Beispiel mit dem iMS-20 (ca. 24,99 Euro) einen Klassiker aus der eigenen Firmengeschichte zum Leben. Der 1978 erschienene MS-20 gefiel durch seinen starken eigenständigen, mitunter schön schmutzigen Sound mittels des markanten Multimode-Filters und der vielen Programmier-Möglichkeiten. Der neue modulare Synthesizer fürs iPad kann dank Step-Sequencer, Drum-Machine, 7-Kanal-Mischer, 14 Effekttypen und letzlich per Audio-Export sogar als autarkes Produktionsstudio genutzt werden.
Ein echter Tipp für Liebhaber individueller Digitalsounds ist die App iDX (1,59 Euro) von Takashi Mizuhiki. Dies ist ein simpler FM-Synthesizer mit vier Operatoren, acht Algorithmen, Step-Sequencer, Audio-Recorder und Filter/Delay-Effekt. Leider können Klangdaten des DX7 oder anderer DX-Modelle Yamahas nicht importiert werden. So entfallen die tollen Rhodes-Sounds und weitere komplexere FM-Klänge. Aber: Nie zuvor ließen sich die Eigenheiten der FM-Synthesizer so preiswert und einfach erschließen. Wer sich für diese iPhone-App, eine iPad-Anpassung ist bereits geplant, interessiert und elektronische Klänge mag, wird die Installation der kleinen App nicht bedauern.
Wenn Sie eine Komplett-Ausstattung an nützlichen Sounds aller Sparten suchen, gehört Apple GarageBand (3,99 Euro) zu den besten Adressen. Daneben gefällt auch die noch neue iOS-Version des SampleTank von IK Multimedia.
Fazit: Die Entwicklung zum Thema „Synthesizer auf dem Tablet-PC“ wird immer spannender. Natürlich ersetzt das iPad noch keine Workstation, als zusätzliches Soundmodul verdient es sich aber bereits heute mehr als prüfende Blicke. Dank praxisnaher Lösungen wie Alesis iO Dock ist es zudem auf der Bühne einfacher zu handhaben als manches Notebook mit Software-Instrumenten.
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