Workshop Tonleitern üben: Für flinke Finger

In diesem Workshop erfahren Sie, warum es sich lohnt, Tonleitern auf der Klaviatur zu üben und wie Sie dabei vorgehen. Erfahren Sie, wie sich der Klavierunterricht in diesem Punkt historisch entwickelt hat und welche Prinzipien auch heute noch gelten.

Tonleiter
Am Klavier bezweckt das Tonleiterspiel „vor allem den Ausgleich der Finger“. (Foto: Shutterstock

Am Anfang war der Fingersatz: „Die Setzung der Finger ist bey den allermeisten Instrumenten durch die natürliche Beschaffenheit derselben gewissermassen festgesetzt: bey dem Claviere aber scheint sie am willkürlichsten zu seyn, indem die Lage der Tasten so beschaffen ist, daß sie von jedem Finger niedergedruckt werden können.“ Carl Philipp Emanuel Bachs berühmter „Versuch über die wahre Art, das Clavier zu spielen“ von 1753 ist heute noch nachschlagenswert. Fingersatz und Skalen stehen immerhin am Anfang seines Kompendiums – so grundlegend schätzt er das Tonleiterspiel ein. Aktuell ist die Klavierschule, obwohl bei Bach das Cembalo-Zeitalter nachwirkt und er manchen Usus daraus übernimmt oder noch mehr, mit manchem aufräumt. So bemängelt er etwa, „wer den Daumen nicht braucht, der läßt ihn herunter hangen, damit er ihm nicht im Wege ist.“ Das mache die Finger steif.

Der Daumen galt lange Zeit nicht als Finger und wurde erst von Carls berühmtem Vater Johann Sebastian Bach als vollwertig eingesetzt, vorzugsweise auf den weißen Tasten: „Der Gebrauch des Daumens giebt der Hand nicht nur einen Finger mehr, sondern zugleich den Schlüssel zur ganzen möglichen Applicatur (Fingersatz).“ „Man muss daher den Daumen bey Zeiten unter die übrigens Finger setzen“, rät auch Daniel Gottlob Türk, der 1750 geborene Kollege aus Halle, in seiner Klavierschule: „Unsere jetzigen Tonstücke sind größtentheils so beschaffen, daß man oft noch mehrere Finger zu haben wünschen möchte.“ Auch er möchte den Daumen über der Tastatur sehen, „folglich darf er nie herab hangen“. Das „Moderne Klavierspiel nach Leimer-Gieseking“ von 1931 spricht von einer „etwas ausgestreckten“ Optimallage“ des Daumens.

Ziel: eine ruhige Handhaltung

Eine gute Fingersetzung hält Türk für wesentlich, „weil es nicht möglich ist, mit einer schlechten oder ganz unrichtigen Applicatur alles rund und zusammenhängend heraus zu bringen.“ Der rechte Fingersatz unterstützt bei der Geläufigkeit, während der unkommode hemmt. Auch Carl Philipp Emanuel Bach predigt: „Da nichts destoweniger nur eine Art des Gebrauchs der Finger bey dem Claviere gut ist, und wenige Fälle in Betrachtung der übrigen mehr als eine Applicatur erlauben…. hat es nicht fehlen können, daß die allermeisten auf diesem schlupfrichen und verführerischen Wege haben irren müssen.“ Über 60 Paragraphen widmet der Bach-Sohn dem Fingersatz bei Tonleitern, „das man damit alles mögliche zur bestimmten Zeit leicht herausbringen kann.“ Und auch er vermeidet den Daumen auf schwarzen Tasten – und das hielt sich bis heute. Denn „die bequemste Fingersetzung, oder diejenige, wobey die Hände am ruhigsten bleiben, ist überhaupt genommen die beste“, so Türk.

Wer bei Tonleitern den Daumen auf schwarze Tasten zu setzen versucht, wird merken, dass das nicht ohne Mühe und Verdrehung der Hand möglich ist. „Man irrt also, wenn man die Regeln zur Fingersetzung für Dinge hält, wodurch das Klavierspielen erschwert werde“, so Daniel Gottlob Türk, der übrigens selbst Bachs Klavierschule empfiehlt. Beide schreiben bei einigen Tonleitern mehrere Fingersatzmöglichkeiten auf. So bei A-Moll melodisch aufwärts: „Denn ob man gleich den Daumen allerdings gern unmittelbar vor oder nach einer Obertaste, folglich in der Tonleiter von A moll erst auf der Taste e einsetzt; so ist doch dies nicht in jedem Falle schlechterdings nothwendig.“

Etablierte Standards

Nicht übersehen werden darf, dass ein Fingersatz auch musikalisch gliedert. Auf dem Cembalo und Clavichord klingt der historische Fingersatz für Tonleitern mit 3 – 4 – 3 – 4 anders als mit 2 – 3 – 4 – 2 – 3 – 4, und ein Triolenlauf im Stück etwa wirkt mit entsprechendem Fingersatz und Daumenuntersatz auch auf dem modernen Flügel „triolischer“. Dabei haben sich unabhängig davon weitgehend übliche Fingersätze für die Skalen herausgebildet. Für die meisten Tonarten, die mit einer weißen Taste beginnen, gilt rechts aufwärts und links abwärts 123 – 1234 (dass die Tonleitern auch retour gespielt werden sollen, versteht sich von selbst), die umgekehrte Folge gilt nur für F-Dur und f-moll rechts aufwärts, für H-Dur und h-moll links abwärts. Bei den Tonleitern, die mit einer schwarzen Taste beginnen, startet rechts aufwärts / links abwärts der 2. Finger, und die erste weiße Taste wird mit dem Daumen gespielt. Gespielt werden immer Dreier- und Vierer-Gruppen im Wechsel.

Was Tonleiterübungen bringen

Warum aber werden Tonleitern überhaupt trainiert, noch dazu mit bestimmten Fingersätzen, da sie im Stück ohnehin nicht oft in der geübten kompletten Form zu finden sind und die Fingersätze geändert werden müssen? Für Streicher etwa sind Skalen essenziell für Intonation und Gehörschulung. Aber auch ihre Haltung wird dabei verfeinert, die Bewegung optimiert, unabdingbar für die Virtuosität, das Lagenspiel, die Unabhängigkeit zwischen der greifenden linken Hand und der Bogenhand werden gefördert. Am Klavier bezweckt das Tonleiterspiel „vor allem den Ausgleich der Finger“, so Karl Leimer in seinem „Modernen Klavierspiel nach Leimer-Gieseking“.

Mit Bedacht geübt verbessert es die Technik enorm, weil es ein gleichmäßiges, „schönes perlendes Spielen“ erreicht. Für viele Lehrer zählen Tonleitern und erweiterte Übungen wie Akkorde, Arpeggien, Kadenzen zu den Basics, ähnlich dem Aufwärmtraining im Sport. Dabei sind die Fingersätze innerhalb des Rahmens – Daumen nicht auf die oberen schwarzen Tasten – nicht sakrosankt: jede Hand ist anders gebaut und hat ihre Stärken und Schwächen. So mag eine der Alternativen, die schon Bach und Türk eingeräumt haben, die passendere sein. Zudem lernt der Schüler den Tonraum und seine Gesetzmäßigkeiten kennen. Er erlernt sozusagen die Grammatik der musikalischen Sprache, oder besser gesagt: einer sehr verbreiteten Form der musikalischen Sprachen. Auch macht man sich mit einem anstehenden Werk durch Erlernen von Tonleiter und Kadenz in seiner Tonart technisch leichter vertraut. So mancher liest ja auch ein Nachschlagewerk oder einschlägiges Buch, um ein Theaterstück, einen Film, eine Oper kennenzulernen.

„Ja, Fräulein Cäcilie, diese Scalen sind das Nothwendigste, nicht nur für den Anfänger, sondern auch für den schon sehr vorgerückten Schüler, und selbst der geübteste Spieler kann und muss sie noch benützen und üben“, schr eibt Carl Czerny im zweiten seiner „Briefe über den Unterricht auf dem Pianoforte“ (~ 1830): „..Sie wissen bereits, dass das Untersetzen des Daumens unter die andern Finger, und das Ueberschlagen der drey mittlern Finger über den Daumen durchaus nothwendig, und das einzige Mittel ist, um eine grössere Reihe von Tasten schnell nacheinander anzuschlagen. Aber dieses Untersetzen und Ueberschlagen muss, selbst in der grössten Schnelligkeit, so natürlich, gleich, und ungezwungen Statt finden, dass der Zuhörer dabei nicht die geringste Unterbrechung oder Ungleichheit höre… Um nun diese höchst nothwendige Eigenschaft zu erlangen, gibt es kein anderes Mittel, als – das fleissigste unausgesetzte tägliche Ueben der Scalen in allen Tonarten… Aber die Scalen haben noch manchen andern mehrseitigen Nutzen, nähmlich: Es gibt wenig Tonstücke, in welchen sie nicht vom Autor auf irgend eine Art benützt und angebracht zu finden wären. Sie sind in jeder Composition, (mag diese heute, oder schon vor 100 Jahren geschrieben worden seyn,) das vorzüglichste Hilfsmittel, aus welchem jede Melodie und jede Passage gebildet wird. Nun können Sie sich leicht denken, Fräulein, welche Vortheile es dem Spieler verschafft, wenn er diese Fundamentalpassagen, aus welchen alle Andern gebildet werden, in allen Tonarten gut inne hat, und welche Herrschaft über die ganze Tastatur, welche leichte Uebersicht über jedes Tonstück er dadurch gewinnt! Ferner gibt es für den Spieler keine nothwendigere und wichtigere Eigenschaft, als eine wohlentwickelte grosse Geläufigkeit, Leichtigkeit und Geschwindigkeit der Finger. Diese kann durch nichts so schnell erreicht werden, als durch das Ueben dieser Scalen.“

Auch auf dem Klavier spielt nach Leimer das Ohr beim Üben der Skalen „die größte Rolle.“ Damit jeder Ton gleich in Dauer und Klang gespielt wird, ist ein genaues Hinhören und langsames Spielen wichtig. Leimer rät, deshalb jede Hand zunächst einzeln zu spielen und betont insbesondere beim Unter- und Übersetzen „das Gefühl der absoluten Relaxation“ (Entspannung). Unterstützt wird diese auch durch die Unterarm-Rollung. Trotzdem sollte die Hand so ruhig sein, als spiele sie im schnellen Tempo.

Da die C-Dur-Tonleiter, die Egalität (Gleichmäßigkeit) betreffend, die schwierigste ist, soll der Schüler nicht mit dieser beginnen, aber später mit dieser üben. Daneben lassen sich Tonleitern mit beiden Händen parallel spielen und gegenläufig, jeweils in unterschiedlichen Spieltechniken – legato, staccato, portato, leggiero etc. – und Lautstärken, oder die linke leicht vorangesetzt, um sie zu stärken. Um die Skalen in die Finger zu bekommen, kann sich der Schüler verschiedenen Rhythmen ausdenken, den punktierten etwa und seine Umkehrung, Triolen oder Quartolen, die jedes Mal anderes betont werden. Notenbeispiel 1 zeigt eine kleine Übung, wie das Tonleiterspiel aufgelockert wird. Unter- und Übersatz werden selbstverständlicher, wenn man ihn

innerhalb des Skalenspiels mit ruhiger Hand wie einen Doppelschlag wiederholt. Nicht vergessen werden sollte das musikalische Üben. Die Tonleiter kann mit verschiedenen „Affekten“, Emotionen, Klangfarben, Dynamiken gespielt werden.

In der PDF-Datei mit den Notenbeispielen haben wir die wichtigsten Tonleiterübungen aus Bachs Klavierschule in moderne Notenschrift übertragen. Bei vielen Skalen gibt er mehrere Satzalternativen an. Mitunter haben wir auch eigene Ergänzungen gemacht, wo heute andere Fingersätze gebräuchlich sind. Diese sind in Klammern gesetzt.

Für alle Übungen gilt: Fangen Sie langsam an, bis der Bewegungsablauf sitzt, setzen Sie die Skalen nach oben bzw. unten fort und transponieren Sie das Geübte danach in andere Tonarten, um den maximalen Nutzen daraus zu ziehen.

Notenbeispiele als PDF zum Download

Tags: Workshop

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